Mehrwertsteuererhöhung: Darum
muss man handeln:
Die
ungleiche Behandlung von Arbeit und Kapital
Seit
1980 sinken die Reallöhne und Renten
Pro und Contra Mehrwertsteuererhöhung
Welche
Auswirkungen hat eine
Mehrwertsteuererhöhung?
Eine
Mehrwertsteuererhöhung ist alles andere als unsozial! Warum die
Kapitallobby Mehrwertsteuererhöhungen zu verhindern
sucht!
Die
wahren Auswirkungen der Mehrwertsteuererhöhung werden
verschleiert!
Ob
ein Staat menschenfreundlich oder kapitalfreundlich ist, erkennt man
nicht so sehr an seinen Sozialgesetzen, sondern eher daran, wie
die Löhne vom Staat zusätzlich belastet werden.
In Deutschland werden die Löhne und Gehälter allein durch
die Sozialversicherungsbeiträge um über 60 % verteuert
(ausgehend vom verbleibendem Nettolohn). Eine Last, die den Maschinen
nicht aufgebrummt wird und für eine
eklatante
Schieflage
sorgt.
Denn
eine echte Marktwirtschaft braucht nun einmal gleiche
Bedingungen, um effizient arbeiten und gedeihen zu können.
Wird das Kapital durch die Gesetzgeber einseitig bevorzugt, verliert
die Marktwirtschaft ihre Balance, das Spiel der Kräfte zwischen
Arbeit und Kapital funktioniert nicht mehr.
Unsozial
ist die Verteuerung der Arbeit durch
Sozialversicherungsbeiträge!
Eine Mehrwertsteuererhöhung, die diese Lohnnebenkosten
absenkt, ist dagegen alles andere als unsozial!
An
einem Beispiel möchte ich das Dilemma verdeutlichen:
In einem Betrieb arbeiten an einer Maschine zwei Fachleute, die
insgesamt (einschließlich Lohnnebenkosten) 80.000 Euro im Jahr
kosten.
Der
Unternehmer möchte die Kosten senken und least statt der alten
eine neue Maschine, die im Jahr 35.000 Euro teurer kommt, aber einen
Mann einspart. Die Sache rechnet sich, es verbleibt ein
Rationalisierungsgewinn" von 5000 Euro im Jahr.
Würden aber die lohnverteuernden
Sozialversicherungsbeiträge gänzlich wegfallen, dann
lägen die Lohnkosten für den eingesparten Mitarbeiter nur
bei 27.000 Euro, bei der Anmietung der neuen Maschine würde
er also jährlich 8000 Euro zubuttern.
Man sieht bereits an diesem Beispiel, dass unser heutiges System
Fehlanreize schafft und zur Verschwendung und Ineffizienz
geradezu einlädt. Es werden Investitionen getätigt, die
bei neutraler Kostenbewertung unsinnig und indiskutabel wären.
Dabei folgt ja noch ein ganzer Rattenschwanz an zusätzlichen Folgeschäden der künstlichen Arbeitsverteuerung: Es entwickelt sich eine hohe Sockelarbeitslosigkeit, die mit marktverzerrenden Einmischungen (Lohnsubventionen) abgefedert werden müssen, es kommt zu einer ungewollten und kostspieligen Frühverrentungswelle (um Arbeitskräfte aus den Markt zu nehmen), es kommt zum Lohndumping und damit auch zum fatalen Kaufkraftschwund, der den Konjunkturmotor drosselt. Diese Aufzählung ließe sich über mehrere Seiten fortführen.
Eine
Mehrwertsteuererhöhung verringert die einseitige Besserstellung
des Kapitals!
Den
Sozialstaat fast ausschließlich über die Verteuerung (=
Bestrafung) der Arbeit zu finanzieren, halte ich vor allem in Zeiten
des zollfreien Welthandels für einen unverzeihlichen Fehler.
Schon seit Ende der 1980er Jahre kämpfe ich deshalb für
eine Umfinanzierung der Sozialsysteme.
Nicht
über lohnverteuernde Sozialbeiträge, sondern über die
Mehrwertsteuer oder Zölle sollten die Sozialsysteme finanziert
werden.
Damit
würde dann wieder ein besserer Interessenausgleich zwischen
Kapital und Arbeit erreicht und die Kräfte des Marktes
könnten vernünftig greifen.
Ich habe bezüglich dieser Lohnkostenreform" in den letzten 25 Jahren verschiedene Schriften verfasst und mit führenden Politikern darüber korrespondiert und diskutiert. Nach anfänglicher Abneigung vollzog sich im Laufe der Zeit ein allmählicher Sinneswandel. Trotz nach wie vor heftiger Kritik seitens der Kapitallobby bekannten sich schließlich auch prominente Volksvertreter zur Idee der Lohnkostenreform.
Die
Mehrwertsteuererhöhung zum 1. 1. 2007:
Der
erfolgreiche Praxistest der Regierung Merkel
Der
Regierung Merkel verdanken wir einen überaus mutigen Praxistest.
Ende 2005 beschloss das Kabinett eine dreiprozentige
Mehrwertsteuererhöhung bei gleichzeitiger Absenkung der
Arbeitslosenbeiträge.
Und siehe da: Allein schon die Ankündigung des Vorhabens sorgte
für einen Stimmungswandel in der Wirtschaft. Viele Unternehmer
schimpften zwar über die Mehrwertsteueranhebung, erkannten aber
schnell, dass durch diese Maßnahme sich
Produktionsauslagerungen ins Ausland weniger lohnen
würden (Lohnkostensenkung in Deutschland bei gleichzeitiger
Verteuerung der Importe). Wie zu erwarten, waren durch diesen ersten
Schritt der Lohnkostenreform die Arbeitslosenzahlen und die
Neuverschuldung des Staates rückläufig.
Aber noch immer enthalten die Arbeitskosten ca. 33 % Sozialversicherungsbeiträge, die schrittweise abgebaut werden könnten, sollten und müssten. Der erfolgreiche 3-%-Test sollte Mut machen, möglichst bald eine erneute Umfinanzierung in Angriff zu nehmen. Sollte auch der zweite Test erfolgreich verlaufen (was kaum anzuzweifeln ist), dann wäre es doch nur logisch und konsequent, weitere Schritte in Richtung Lohnkostenreform zu wagen.
Mehrwertsteuererhöhung:
Es darf nicht sein, was offensichtlich ist!
Viele
Kapitalvertreter haben längst erkannt, welche Brisanz in dieser
Lohnkostenreform steckt und in welchem Umfang dadurch die Position
des Kapitals zugunsten des Menschen geschwächt wird. Sie haben
sich deshalb eine schlaue Strategie ausgeheckt, die allerdings
vorhersehbar war und von mir auch frühzeitig prophezeit
wurde.
Ich meine damit die bewusste Verschleierung der Ursachen für
den deutschen Wirtschaftsaufschwung 2006 und 2007. Um eine
Wiederholung des erfolgreichen Konzeptes zu verhindern, wird der
offenkundige Erfolg anderen Maßnahmen zugeschoben. So kommen
dann die von den Medien und der Wirtschaft so viel geliebten
neoliberalen
Hartz-IV-Gesetze
zu
neuen Ehren (die in den Vorjahren zur Verschlimmerung der Lage
beitrugen). Und um die Verwirrung und Ablenkung komplett zu machen,
wird 2007 scheinheilig auf die gute Weltkonjunktur verwiesen (die es
in den Jahren zuvor aber auch schon gab).
Wissenschaftliche
Untersuchungen und Praxistests haben meine Anfang
der 1980er Jahre aufgestellte These eindrucksvoll
bewiesen: Mit
jeder Senkung der Sozialversicherungsbeiträge
um einen Prozentpunkt werden in Deutschland 120.000
Vollzeitjobs geschaffen!
Würde
die Finanzierung der Sozialversicherungen
gänzlich über die Mehrwertsteuer
erfolgen, könnte Deutschland also mit ca.
fünf Millionen zusätzlichen
Arbeitsplätzen rechnen. Damit wäre die
Vollbeschäftigung wieder hergestellt (und auch
die Reallöhne und Renten würden auf
breiter Front steigen).
Schmutzige
Hetzkampagnen gegen die Mehrwertsteuererhöhung!
Steuererhöhungen
sind zwangsläufig unpopulär und so gelingt es den
Knechten der Kapitallobby leicht, die Lohnkostenreform
populistisch zu verteufeln.
Eine Mehrwertsteuererhöhung sei unsozial und belaste
hauptsächlich den kleinen Mann" wurde der Bevölkerung von
allen Seiten immer wieder eingetrichtert. Natürlich lassen sich
mit derlei plumpen Hetztiraden Leser beglücken oder
Wählerstimmen gewinnen &endash; wer hört schon gerne etwas
von Steuererhöhungen.
Verschwiegen wird bei der demagogischen Hetzpropaganda, dass der Sozialstaat schließlich irgendwie finanziert werden muss &endash; irgendwoher muss das Geld kommen. Und wenn man alle möglichen Einnahmequellen objektiv betrachtet, dann ist, trotz aller gegenteiliger Beteuerungen, die Mehrwertsteuer neben dem Zoll immer noch am sozialsten und auch für die Volkswirtschaft am günstigsten. Denn die immer wieder ins Feld geführten höheren Reichensteuern und Vermögenssteuern bringen es leider nicht, weil das Kapital nun einmal flüchtig ist (man die Reichen in Deutschland nicht einsperren kann).
Der
Trick bei der Verleumdungskampagne gegen die Lohnkostenreform liegt
einfach darin, die positiven Elemente auszublenden. Die
Absenkung der Lohnnebenkosten wird höchstens am Rande
erwähnt und bagatellisiert. Und es werden massenweise
Behauptungen aufgestellt, die einfach nicht stimmen.
So wird zum Beispiel immer wieder darauf herumgeritten, dass Rentner
und Hartz-IV-Bezieher die Verlierer der Umfinanzierung wären,
denn die hätten ja von der Absenkung der
Sozialversicherungsbeiträge keinen direkten Nutzen und nur die
höheren Kosten der Mehrwertsteuer zu schultern. Dabei handelt es
sich bei dieser Darstellung um eine geschickt verpackte
Doppellüge.
Denn
erstens orientieren sich auch die Renten und Hartz-IV-Almosen
langfristig an den Nettolöhnen der
Arbeitnehmer
und
zweitens
findet
über die Mehrwertsteuererhöhung überhaupt keine
zusätzliche Verteuerung statt.
Die
Inflation wird durch die Lohnkostenreform
eben
nicht
zusätzlich
angeheizt, weil es sich schließlich nur um eine Verschiebung
der Einnahmeseite handelt (und keine zusätzliche Belastung).
Arbeit wird dadurch billiger und somit werden natürlich auch die
deutschen Dienstleistungen und Produktionen billiger &endash; nur die
Importe werden teurer (aber insgesamt ist das alles
kostenneutral).
Verschleierung
des eindeutigen Erfolgs
Vor
25 Jahren habe ich bereits auf die zu erwartende Preisstabilität
bei der Lohnkostenreform hingewiesen &endash; kaum einer wollte mir
glauben schenken. Indes hat sie sich nun durch den jüngsten
Praxistest eindeutig bestätigt. Preistreiber 2007 waren neben
dem Öl hauptsächlich Nahrungsmittel, die aber von der
Mehrwertsteueranhebung gar nicht betroffen waren (der
ermäßigte Mehrwertsteuersatz bei Lebensmitteln blieb bei 7
%).
Genau genommen beinhaltet die Darstellung, Rentner und
Hartz-IV-Bezieher seien die eindeutigen Verlierer der
Lohnkostenreform, noch eine dritte Lüge. Denn
schließlich sind es gerade die Arbeitslosen, die von einer
Belebung am Arbeitsmarkt profitieren. Und die Gesundung der
Staatsfinanzen trägt dazu bei, dass im Sozialbereich nicht
weiter der Rotstift angesetzt werden muss.
Die
positiven Effekte der Lohnkostenreform
(schrittweise
Mehrwertsteuererhöhung bei gleichzeitiger Absenkung der
Sozialversicherungbeiträge).
1. Auch einfachere Arbeitsplätze bleiben erhalten!
2. Die deutsche Produktion wird billiger!
4. Der deutsche Binnenmarkt gewinnt an Bedeutung - also weniger Abhängigkeit von der Weltkonjunktur!
5. Mehr Umweltschutz und Schonung der Ressourcen!
6. Der Einstieg in die Selbständigkeit wird erleichtert!
7. Abbau der Massenarbeitslosigkeit
8. Gesundung der Staatsfinanzen
9. Zeitarbeit, Scheinselbständigkeit und Minijobs werden spürbar zurückgehen!
10. Wachsende Kaufkraft
Die negativen Effekte der Lohnkostenreform
1. Die Kapitalrenditen sinken!
2. Macht und Einflussnahme der Kapitallobby bröckelt!
3. Es wird für die Unternehmer schwieriger, billige Arbeitskräfte zu finden!
Wie
lässt sich die Lohnkostenreform umsetzen?
Die
Umsetzung der Lohnkostenreform ist denkbar einfach und
unproblematisch. Wie bereits Anfang 2007 vorexerziert, bräuchte
man nur einen weiteren Schritt planen und veranlassen.
Also
den Normalsatz von 19 auf 22 % erhöhen und vielleicht auch
endlich einmal den ermäßigten Satz wieder anheben (auf die
einst übliche Hälfte des Normalsatzes). Zur Bekämpfung
der Schwarzarbeit könnten Handwerker- und Dienstleistungen in
den Bereich des Niedrigsteuersatzes einbezogen werden.
Parallel zur Mehrwertsteueranhebung müssten dann die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung von derzeit ca. 14 % auf etwa 9 % gesenkt werden. Schön wäre, wenn die Mehrwertsteuer die Abschaffung der leidigen Rundfunk- und Fernseh-Zwangsgebühren ermöglichen würde. Das würde der breiten Bevölkerung viel Ärgernis, Bürokratie und Ungerechtigkeit ersparen.
Lohn-
und Einkommenssteuern verteuern die Arbeit schließlich auch
noch!
Bei
allen Überlegungen sollte nicht übersehen werden, dass der
Faktor Arbeit auch noch durch die Lohn- und Einkommenssteuer belastet
wird. Dies erhöht das Ungleichgewicht zwischen Arbeit und
Kapital - den Investoren wird ja schließlich auch keine
Maschinensteuer aufgebrummt.
Nachtrag
Februar 2012:
OECD
mahnt Erhöhung der Mehrwertsteuer an!
Die
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(OECD) empfiehlt Deutschland dringendst eine weitere Erhöhung
der Mehrwertsteuer bei gleichzeitiger Senkung der staatlichen
Lohnnebenkosten, um für die Zukunft besser gerüstet zu
sein. 19 % Mehrwertsteuer seien entschieden zu wenig - vor allem aber
müsse der ermäßigte Steuersatz von 7 % endlich
angehoben werden. Die Einkommenssteuern und
Sozialversicherungsbeiträge müssen bereits 64 % des
gesamten deutschen Steueraufkommens abdecken - im OECD-Schnitt liegt
dieser Satz bei nur 52 %.
Nachtrag:
Die
Vor- und Nachteile und die Umsetzung des Lieferkettengesetzes
Eine
herzliche Bitte: Sollte Ihnen dieser Artikel
(https://www.deglobalisierung.eu/mehrwertsteuererhoehung.html)
gefallen haben, empfehlen Sie ihn bitte weiter. Denn nur die
allgemeine Aufklärung der Bevölkerung ebnet den Weg
für notwendige Reformen. Es dankt Ihnen Manfred J.
Müller
Achtung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
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www.deglobalisierung.eu
Impressum
© Manfred
Julius Müller, Flensburg, 2007, Nachtrag 2012,
Anmerkung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
Bücher
von Manfred Julius Müller
Geht
es in unserer Demokratie am Ende nur um den Machterhalt der
etablierten Parteien? Damit sich an eingefrorenen
Grundsätzen (EU, Euro, Zollfreihandel, Kriegsbeteiligungen,
antinationale Multikulti-Ideologie usw.) nichts ändert? Auch
wenn dadurch sich der seit
1980 anhaltende Niedergang
Deutschlands
weiter fortsetzt?