Translater:
Seit über drei Jahrzehnten liegen uns von der Kapitallobby angeheuerte Politiker und Journalisten mit ihren Verheißungsparolen in den Ohren. "Die Globalisierung bringt uns den Wohlstand", versichern sie treuherzig.
Doch nach 30 Jahren steten Lohnrückgangs werden derlei Lobgesänge immer unglaubwürdiger. "Warum", fragt sich so mancher Bundesbürger, "warum nur haben sich die Verhältnisse seit dem Lostreten der Globalisierungslawine mittels Zollverzicht so dramatisch verschlechtert? Warum führen die steten Produktionsfortschritte nun schon seit drei Jahrzehnten zu Lohneinbußen?".
Wer angesichts dieser unbestreitbaren Tatsachen immer noch unbeirrt an alte Wohlstandsthesen glaubt, ist meines Erachtens naiv oder unaufrichtig.
Viele
Ignoranten und Unbelehrbare merken erst durch die
Weltwirtschaftskrise, dass der globale Dumpingkapitalismus auf Dauer
nicht funktionieren kann. Erst jetzt wird ihnen klar, dass die so
überhastig abgesenkten Zölle irgendwie wohl doch einen Sinn
hatten.
Denn solange es angemessene Zölle gab, konnte die heimische
Wirtschaft nicht von außen ruiniert werden.
Zölle
schaffen einen Ausgleich, wirken wie ein Puffer: Sie
entschärfen die ruinöse Unterbietungsstrategie aus dem
Ausland. Zölle sorgen also für mehr Gerechtigkeit,
für fairere Wettbewerbsbedingungen.
Gibt es keine oder fast keine Zölle mehr (so wie heute) kann das
Ausland durch Billiglöhne und Verzicht auf teure Arbeits-,
Sozial- und Umweltstandards alles drastisch unterbieten und damit die
heimische Produktion verdrängen.
In Deutschland ging aufgrund dieser grausamen Entwicklung ein Produktionsbereich nach dem anderen verloren - Schuhe und Textilien werden schon lange zu über 98 % aus dem Ausland bezogen (das sehen wir bereits als pure Selbstverständlichkeit an).
Aber selbst in vielen High-Tech-Bereichen läuft hierzulande nichts mehr - nicht einmal unsere Computer, TV-Geräte oder Handys lassen sich hier noch konkurrenzfähig herstellen. De facto fehlen in Deutschland seit 20 Jahren 10 Millionen Vollzeitarbeitsplätze (das wahre Ausmaß der Massenarbeitslosigkeit wird durch viele staatliche Tricks verschleiert (Vorruhestand, ABM-Maßnahmen, 1-Euro-Jobs, Minijobs, Zeitarbeit, Praktikantenstellen, Schulzeitverlängerung usw.)
Es wird nicht lange dauern, bis auch unsere letzten Bastionen fallen (Auto-, Maschinenbau- und Chemieindustrie). In einem (zoll)freien Weltmarkt ist der teurere Produzent letztlich immer der Unterlegene.
Auch heute noch wird trotz Weltwirtschaftskrise sehr unehrlich diskutiert. Immer noch wird seitens der Kapitallobby die Globalisierung als unumkehrbar dargestellt.
Dabei wäre nichts einfacher als eine Umkehrung des angeblich "natürlichen" Globalisierungsprozesses: Man bräuchte nur die Zolltarife wieder anheben oder die Mehrwertsteuer erhöhen. Mit jedem Prozentpunkt einer Aufstockung lässt der Unterbietungsdruck aus dem Ausland nach. Selbst Betriebsverlagerungen ins Billiglohnland rechnen sich dann weitaus weniger.
Warum
sollte ein Fabrikant die Produktion seiner Waschmaschinen nach Polen
verlagern, wenn bei der Einfuhr mehr Kosten anfallen als er im
Billigausland bei der Herstellung einsparen kann?
Das für die Kapitalisten und Investoren so herrliche und
lukrative Spiel des internationalen Lohndumpings und der
Staatserpressung (Subventionen, Steuererleichterungen) bricht bei
angemessenen Einfuhrzöllen wie ein Kartenhaus in sich
zusammen.
Eine
globale Wirtschaft forciert die Bildung weltweit vernetzter
Finanzströme.
Denn der globale Dumpingwettbewerb erfasst nach der Wirtschaft
schließlich auch die Banken (Hypotheken und Kredite an
Großkunden werden oft zu billig abgegeben). Schließlich
gerät das Finanzsystem zunehmend außer Kontrolle und kann
von den Nationalstaaten nicht mehr überblickt werden.
Die
Finanzkrise 2008 war also keineswegs ein Betriebsunfall, wie man dem
gemeinen Volk glauben machen möchte, sondern systembedingt eine
Folge einer unbeherrschbaren und völlig aus dem Ruder gelaufenen
Globalisierung.
Deshalb wird es auch wenig nützen, einige neue Finanzregeln
aufzustellen - das Millionenheer gutausgebildeter Finanzmakler wird
ständig neue Tricks ersinnen, um Schlupflöcher zu finden
und auszunutzen.
Mit welch einem Pathos wurde jahrzehntelang die internationale Arbeitsteilung heraufbeschworen! Die Spezialisierung ganzer Volkswirtschaften galt als das Nonplusultra der modernen Weltwirtschaft.
Was aber ist denn wirklich so toll daran, wenn ein Staat wie Deutschland sich in den meisten Bereichen nicht mehr selbst versorgen kann und die meisten Gebrauchsgüter des täglichen Bedarfs von der Zahnbürste bis zum Handy einführen muss?
Warum soll es besonders effizient sein, die 20 Einzelteile einer elektrischen Zahnbürste in 15 verschiedenen und weitentlegenen Ländern herstellen zu lassen, um sie dann irgendwo auf der Welt zusammenzufügen?
Der Nutzen der Spezialisierung oder der internationalen Arbeitsteilung war doch nie wirklich gegeben, sondern von Anfang an eine Erfindung einer skrupellosen Kapitallobby (kapitalistisches Ermächtigungsgesetz).
Erst
das globale Dumpingsystem (der weltweite Unterbietungswettlauf)
brachte die Vorteile für die Produzenten (zum Nachteil der
Arbeitnehmer und Hochlohnländer).
Vor allem die Markenhersteller konnten ihre Gewinnmargen auf diese
Art maßlos erhöhen. Sie waren kaum gezwungen, die
Einsparungen bei den Löhnen usw. an den Verbraucher
weiterzugeben und konnten Unsummen in den weiteren Aufbau ihrer Marke
stecken (was wiederum die verbraucherfeindliche Monopolisierung
vorantrieb).
Besonders
die Deutschen hat man bezüglich der "internationalen
Arbeitsteilung" genasführt. Was so fortschrittlich klang war in
Wahrheit nur die Verschleierung für der Ausverkauf unserer
Wirtschaft.
Man verwirrte die Bevölkerung mit albernen Vokabeln und Titeln,
wie zum Beispiel den des
Exportweltmeisters.
Dabei besagt dieser Weltmeistertitel so gut wie nichts - denn die
meisten "Konkurrenzstaaten" bieten ja allein von der Größe
her keinen seriösen Vergleich. Deutschland ist das
einwohnerstärkste Land in Europa - da ist es kein Wunder, wenn
dieses Land auch am meisten exportiert.
Was
aber viel schwerer wiegt: Der Titel Exportweltmeister" vertuscht die
Kehrseite der Medaille, die hohe Importquote. Es gibt kein zweites
größeres Land in der Welt, welches dermaßen von
Einfuhren abhängig ist und wo es um die Eigenversorgung so
schlecht bestellt ist.
Wenn hierzulande die Kaufkraft wie in den vergangen 30 Jahren stetig
weiter wegbricht und im Ausland die Preise anziehen, steht unsere
Volkswirtschaft schlecht dar.
Auch unsere letzten Paradedisziplinen wie zum Beispiel der Automobilbau hat seine Eigenständigkeit längst eingebüßt. Wenn die Produktionstiefe im eigenen Land schon vielfach auf 20 % abgesunken ist, kann sich jeder leicht vorstellen, wie sehr bereits unsere Weltkonzerne von ausländischen Zulieferern abhängig sind.
Auch wenn es sicherlich manchem Entscheidungsträger und Meinungsmacher schwer fällt, von altgewohnten Träumereien (Wohlstand durch Globalisierung oder internationale Arbeitsteilung) Abschied zu nehmen, wird es dennoch keinen anderen Ausweg geben als den der Rückbesinnung, des Fehlereingeständnisses, der Umkehr - also der Entglobalisierung.
Allen Freihandelsbekundungen zum Trotz wird man langsam aber sicher entweder die Zölle oder die Mehrwertsteuer anheben müssen (bei gleichzeitiger Entlastung der Lohnnebenkosten).
Man kann nur hoffen, dass diese Einsicht nicht zu spät kommt und nicht erst gewartet wird, bis auch noch die letzten drei wichtigen Industriebereiche in Deutschland dem globalen Dumpingwettbewerb erliegen.
Nachtrag:
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© Dieser Text ist die Zusammenfassung einer Studie des
unabhängigen, parteilosen Wirtschaftsanalysten und Publizisten
Manfred J. Müller aus Flensburg.
Erstveröffentlichung Juni 2009
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von Manfred J. Müller
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