Brauchen wir jetzt eine Mehrwertsteuersenkung?

Text: Manfred Julius Müller

 

Nicht wenige Politiker sehen die Wirtschaftskrise als Gunst der Stunde, um mit billigem Populismus auf Wählerfang zu gehen. Was könnte beim Volk mehr ankommen als die Forderung nach niedrigeren Steuern? Besonders mit einer Mehrwertsteuersenkung können Demagogen punkten, denn eine solche "Wohltat" suggeriert mehr Kaufkraft für jedermann. Selbst diejenigen, die keinerlei Einkommenssteuern zahlen, hoffen, von einer solchen Maßnahme profitieren zu können.

Die britische Regierung hat deshalb auch gar nicht erst lange überlegt und ihre Mehrwertsteuer angesichts der Wirtschaftskrise ganz fix nach unten revidiert. "Der Verbrauch müsse schnell stimuliert werden" hieß es scheinbar einleuchtend und bei den europäischen Nachbarn warb man dafür, doch bitte dem positiven Beispiel zu folgen.

 

Eine Mehrwertsteuersenkung bedeutet letztlich eine Förderung der Importe!

Kann aber tatsächlich eine Mehrwertsteuersenkung den erhofften Aufschwung bringen und aus der Rezession herausführen? Steuerausfälle müssen nun einmal irgendwie kompensiert werden. Entweder müssen an anderer Stelle Abgabenerhöhungen für einen Ausgleich sorgen oder man erhöht die ohnehin schon überstrapazierte Staatsverschuldung.

Wollte man die Einnahmeausfälle über höhere Sozialabgaben ausgleichen, würde die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Landes geschwächt - denn den steigenden Arbeitskosten stünde eine Verbilligung der Importe gegenüber.
Eine Mehrwertsteuersenkung bedeutet somit also eine Schwächung des Wirtschaftsstandortes. Dümmer geht's nicht! Nach dem raschen Abebben der teuer angeheizten Kauflaune würden sich die Probleme weiter verschärfen.

Aber auch der andere Weg, die Mehrwertsteuersenkung über eine höhere Staatsverschuldung zu finanzieren, birgt gravierende Nachteile. Zwar entsteht zunächst der Eindruck, das Leben auf Pump könne die Probleme erst einmal vertagen und verdrängen (das dicke Ende kommt dann eben später und belastet nicht die eigene Amtsperiode) - aber diese Vorstellung ist trügerisch.

Denn natürlich hat eine Verschlechterung der staatlichen Schuldenquote bereits unmittelbar schwerwiegende Folgen. Mit der Schuldenlast steigen die Aufwendungen für die Zinszahlungen - der finanzielle Handlungsspielraum engt sich weiter ein. Dieser Faktor potenziert sich sogar noch, weil durch eine hohe Schuldenquote sich auch die Bonität des Staates verschlechtert.
Die Folge: Der überschuldete Staat muss immer höhere Zinsen zahlen, um überhaupt noch an den internationalen Finanzmärkten Geld aufnehmen zu können. Die höheren Zinsen müssen schließlich auch an die Wirtschaft weitergeleitet werden, was deren Investitionsbereitschaft stark beeinträchtigt.

 

Eine Mehrwertsteuersenkung wäre der völlig falsche Weg!

Wer auf eine Mehrwertsteuersenkung setzt, verschlimmert in Wahrheit die Lage anstatt sie zu verbessern. Ein Politiker sollte so viel Sachverstand aufweisen, diesen Umstand zu erkennen und sich daher hüten, aus rein populistischen Erwägungen anderes zu behaupten.

 

Mehrwertsteuererhöhung statt Mehrwertsteuersenkung!

Wer als Politiker tatsächlich etwas für die eigene Bevölkerung tun möchte, muss also den genau umgekehrten Weg einschlagen. Eine Mehrwertsteuererhöhung bei gleichzeitiger Senkung der Sozialversicherungsbeiträge brächte mit einem Schlag mehrere Vorteile:

1. Arbeit wird billiger! Es wird somit weniger attraktiv, Produktionen in Billiglohnländer auszulagern.

2. Importe werden teurer (ohne dass dem Land Protektionismus vorgeworfen werden könnte). In vielen Fällen könnte es sich rentieren, Gebrauchsgüter wieder im eigenen Land herzustellen.

3. Das Ungleichgewicht Arbeit und Kapital verringert sich.
Die Marktwirtschaft wird effizienter, weil Fehlanreize zum übertriebenen Einsatz arbeitsplatzvernichtender Maschinen weniger ins Gewicht fallen. ("Die ungleiche Behandlung von Arbeit und Kapital")

Der nächste sinnvolle Schritt wäre also eine Mehrwertsteueranhebung bei gleichzeitiger Abschaffung der Sozialversicherungsbeiträge und ersatzloser Streichung der GEZ-Gebühren.

 

Aber sollte nicht zumindest die Eingruppierungen in die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze neu geregelt werden?

Bei der derzeitigen Regelung gibt es tatsächlich manche Ungereimtheiten (wie ich bereits seit 20 Jahren bemängele). Aber eine Korrektur im Alleingang macht wenig Sinn - eine Neuordnung sollte im Zuge einer neuerlichen Mehrwertsteueranhebung vorgenommen werden, wobei dann auch der Niedrigsteuersatz mit angezogen werden müsste.

Die billige Masche, so zu tun, als könne man sich damit begnügen, den Niedrigsteuerbereich immer weiter auszudehnen (de facto also die Steuern zu senken) ist nicht zielführend.

 

Nachtrag Februar 2012:
OECD mahnt Erhöhung der Mehrwertsteuer an!
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) empfiehlt Deutschland dringendst eine weitere Erhöhung der Mehrwertsteuer bei gleichzeitiger Senkung der staatlichen Lohnnebenkosten, um für die Zukunft besser gerüstet zu sein.
19 % Mehrwertsteuer seien entschieden zu wenig, vor allem aber müsse der ermäßigte Steuersatz von 7 % endlich angehoben werden. Die Einkommenssteuern und Sozialversicherungsbeiträge müssen bereits 64 % des gesamten deutschen Steueraufkommens abdecken - im OECD-Schnitt liegt dieser Satz bei nur 52 %.

 

 

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© Manfred J. Müller, Flensburg, Februar 2009

 

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